Charlie und ich wollen in diesem Jahr einen Teil des Loire Radweges erkunden. Da wir in der Terminplanung nicht so sehr flexibel sind, müssen wir unsere Tour im Juli machen. Sicherlich ”wärmetechnisch” nicht der beste Zeitpunkt. Auch zeitlich sind wir etwas begrenzt. Da unsere An- und Abreise mit dem Auto erfolgt, benötigen wir dafür schon zwei Tage. Der Wind weht an der Loire überwiegend aus westlicher Richtung. Empfohlen wird darum den Radweg vom Atlantik bis zum Startpunkt zu radeln. Die gesamte Strecke schaffen wir in der zur Verfügung stehenden Zeit leider nicht. Wir haben 6 Tage für die Tour und starten darum in Saumur und werden zurück bis nach Nevers radeln.
Unser Auto wird auf dem vorab reservierten Parkplatz in Nevers abgestellt. Mit der Bahn fahren wir nach Saumur. Gegen 17:00 Uhr haben wir unser Hotel erreicht. Und da wir Zeit haben, wollen wir uns vor dem Abendessen noch die Stadt und einige Highlights ansehen. Dazu gehört die Kirche Saint Pierre, einige Plätze, hübsch dekoriert mit sehr vielen Regenschirmen, und natürlich auch das Schloss oberhalb der Stadt. Um dort hin zu gelangen müssen wir in der Hitze mächtig den Berg hinauf stiefeln! Aber von dort hat man einen tollen Blick auf die Stadt. So beschwerlich wie der Weg auch ist, umso schöner ist der Ausblick.
Der Start der Radtour erfolgt am nächsten Morgen, den 23.07.2020 um ca. 9:30 Uhr. Unser heutiges Ziel ist Savonnieres. Der Ort Souzay wartet mit unterirdischen Straßen auf, die im 11. Jh. in den Stein geschlagen wurden. Danach steil hinauf in die Weinberge und weiter zum Village Metiers d`art en troglo bei Turquant. Die Ateliers und kleinen Läden wurden ebenfalls in den Stein gehauen. Wenige Kilometer weiter passieren wir Candes-Saint-Martin. Die Stiftskirche hier wurde im 12 Jh. an der Stelle des Sterbehauses des heiligen Martin errichtet. Eine Steinplatte erinnert an den Heiligen, der im Jahre 397 verstarb.
Wenig später verlassen wir die Loire und den Radweg, folgen der Nebenstrecke nach Chinon und radeln neben der Vienne auf sehr schönen Wegen. In Chinon wird ein wenig Sightseeing gemacht. Wir radeln hinauf zur Festung und schauen uns diese von außen an. Am Marktplatz suchen wir uns eine Möglichkeit für eine Erfrischungspause. Im Ort selbst ging es viel berbauf und -ab. Da kamen einige Hm zusammen. Über Brehemont und Villandry erreichen wir nach 81 km unser erstes Etappenziel Savonnieres am Cher!
Am 2. Tag radeln wir zunächst weiter am Cher, einem Nebenfluß der Loire, an großen Sonnenblumenfeldern entlang, bis nach Tours hinein. Der in Candes-Saint-Martin verstorbene heilige Martin wurde hier in der Basilika St. Martin bestattet. Sein Grabmahl ist auch heute noch eine vielbesuchte Pilgerstätte. Besonders interessant und sehenswert ist die Altstadt Tours mit wunderschönen Fachwerkhäusern. Auch der Cathedrale Saint-Gatien statten wir einen Besuch ab. Sie wurde auf den alten Fundamenten des römischen Amphitheaters errichtet. Das nächste Highlight des Tages befindet sich in Amboise. Im Chateau du Clos Luce wohnte und arbeitete Leonardo da Vinci 3 Jahre lang, bis zu seinem Tode. Im Chateau wurde ein Museum eingerichtet. Werkstätten und technische Geräte von Leonardo können hier bewundert werden. Leider haben wir nicht mehr allzuviel Zeit und müssen uns sputen mit der Besichtigung. Dazu kommt noch, dass es sehr voll ist, und die meisten Menschen von Abstandsregeln nicht so viel halten. Auch in Frankreich gelten ähnliche Corona Regeln wie in Deutschland. Nach der Besichtigung steuern wir direkt unser zweites Etappenziel Chaumont an. Heute haben wir eine Strecke von 74 km zurück gelegt!
Auch am 3. Tag wird nicht nur pedaliert, denn auch die Kultur und Geschichte soll nicht zu kurz kommen. Über Candre sur Beuvren erreichen wir am späten Vormittag Blois. Dem Chateau royal wird ein Besuch abgestattet, aber eine geführte Besichtigung wollen wir doch nicht machen. Und so bleibt es beim Blick auf das Äußere und in den Hof des Schlosses. Weiter geht’s zum größten und bedeutesten Schloss an der Loire, dem Chateau de Chambord. In einem sehr großen Park wurde es im 16. Jh. von Franz I erbaut. Leonardo da Vinci soll es geplant haben. Erstmals wurde hier eine doppelläufige Treppe eingebaut, ebenfalls von da Vinci ausgedacht. Was ist so besonders daran? Zwei Menschen, der eine geht die Treppe rauf, der andere runter, können sich zwar sehen, aber sie begegnen sich nicht! Und sonst noch: 440 Räume, 365 Schornsteine, 84 Treppen auf 5500 ha werden von einer 35 km langen Mauer umgeben! Natürlich ist dies Schloß ein Touristenmangnet. Hunderte Menschen verteilen sich auf diesem riesigen Areal. Von hier noch ca. drei Stunden Flussradeln, u. a. am Atomkraftwerk von Saint Laurent vorbei, bis zum nächsten Etappenziel in Beaugency. Relativ spät, erst um 18:45 Uhr stehen wir nach 80 km vor unserer Unterkunft.
Da wir gestern etwas spät angekommen sind, beginnen wir am 4. Tag mit der Ortsbesichtigung. Wir haben uns ja schon viele Kirchen an der Loire angesehen. Die schönste bisher ist nach unserer Auffassung die dreischiffige, romanische Kirche Notre Dame aus dem 12 Jh. Wie sehr viele Kirchen hier, ist diese auch sehr schlicht gehalten, was unserer Meinung nach den besonderen Reiz ausmacht. Aus dem 11 Jh. stammt der 36 m hohe Donjon, ein Wohn- und Wehrturm. Bekannt ist Beaugency auch für die große Brücke über die Loire. Mit 23 Bögen und über 400 Meter Länge ist sie eine der längsten mittelalterlichen Brücken Frankreichs. Zwei Stunden Sightseeing sind aber genug, auch heute müssen wir weiter und das nächste Etappenziel ansteuern. Fast 3h pedalieren wir zumeist an der Loire entlang auf echt gut ausgebauten Radwegen bis nach Orleans. Die breite Zufahrtstraße zur Cathedrale Sainte-Croix war mit Fahnen geschmückt. Etwa für uns? Die 5 schiffige Kathedrale selbst stellt schon ein mächtiges Bauwerk dar. Buntglasfenster erzählen die Geschichte von Jeanne d’Arc . Da es sehr warm ist, soll es für heute genug sein mit Besichtigungen. Über 50 km haben wir noch zu radeln bis zur nächsten Übernachtungsmöglichkeit. Wieder radeln wir sehr viel auf dem Deich an der Loire entlang. Dabei fanden wir noch ausreichend Zeit uns mit der Flora und Fauna zu beschäftigen. Sehr schwer war es eine Möglichkeit für eine Kaffeepause zu finden. Selbst ein Eis zu bekommen war eine fast unlösbare Aufgabe. Nach 88 km hatten wir unsere Herberge auf einem Bauernhof erreicht.
Tag 5: Dies war die anstrengendste Etappe. Aber nicht weil sie die längste ist, sondern weil es richtig heiß ist. Ständig waren es über 30 °C. Da half es auch nicht, dass uns der Wind teilweise mächtig entgegen blies, dieser war leider auch sehr warm und wenig erfrischend. Zu besichtigen gab es auch nichts. So war heute nur Pedalieren angesagt. So ganz ohne Highlight verlief der heutige Tag allerdings auch nicht, denn plötzlich standen wir vor dem Loire Seitenkanal. In Briare kreuzt dieser die Loire. Die Trogbrücke ist 663 m lang und führt in 9 m Höhe über die Loire. An dem einen Ende der Brücke befindet sich ein Café. Dort gibt es absolut leckes, hausgemachtes Eis. Wer hier vorbei radelt, ohne ein Eis zu essen, ist selbst schuld! Ehrlich, besseres und geschmackvolleres Eis findet man wohl nur sehr schwer! Neben Flussradeln sind wir auch einige Strecken neben dem Kanal entlang geradelt. Das stellte eine willkommende Abwechslung zum irgendwann Einerlei des Flussradeln dar. Immerhin haben wir heute 90 km unter die Räder gebracht.
6. Tag: Kaum zu glauben, aber leider wahr. Heute begeben wir uns auf unsere Schlussetappe. Nach ca. 30 km machen wir einen Abstecher und schauen uns in La Charité ein wenig um. Erste urkundliche Erwähnung des Ortes geht wohl auf das 8. Jh.zurück. Die fünfschiffige Basilika Notre Dame de La Charité wurde im 11 Jh. im romanischen Stil erbaut. Sie ist sehr beeindruckend. Und irgendwie kommt man auch hier nicht um die Geschichte von Jeanne d’Arc herum. Diese belagerte nämlich 1429 diese Stadt. Dank der Stadtmauer konnte Sie diese aber nicht einnehmen. In Teilen ist der mittelalterliche Flair La Charité sur Loire noch spürbar. Auf dem letzen Streckenabschnitt radelt man sehr viel am Kanal entlang. Das haben wir als sehr angenehm entfunden, gab es hier doch mehr schattige Abschnitte, was bei der Wärme sehr gut tat! Und nach 78 km war dann auch die letzte Kirsche gelutscht! Wir waren zurück am eigentlichen Ausgangspunkt unserer Tour. Eine letzte Übernachtung noch im Kloster in Nevers und dann geht es morgen, nach dem Frühstück, wieder mit dem Auto Richtung Heimat! Glücklich blicken wir auf eine tolle Tour zurück!
Nach insgesamt 512 km und 33:25 h Fahrzeit haben wir unser Ziel erreicht. Sechs sehr unterschiedliche Etappen liegen hinter uns. Positives gibt es über den Radweg zu berichten. Die Ausschilderung ist so gut, dass man keine Karte benötigen würde. Auch die Beschaffenheit ist ausgesprochen gut. Leider fehlt es an Pausenmöglichkeiten. Und es müsste deutlich mehr Verpflegungsmöglichkeiten geben. Hier müssen die Franzosen noch deutlich nachlegen. Übernachtungsmöglichkeiten und Gastronomie sind aber ausreichend vorhanden. Alles ein Tick teurer als bei uns, aber beim Essen bekommt man auch etwas für sein Geld.